Atmen - Wärmen - Genießen

BESTE LEBENSMOMENTE - UNSER LEITGEDANKE

Für uns ist der Satz: „Wir wünschen Ihnen beste Lebensmomente“ – nicht nur leere Grußformel oder oberflächliche Werbesprache sondern ein ehrlicher gemeinter Wunsch. Woran denken wir, wenn wir von einem „Lebensmoment“ sprechen? Lesen Sie dazu unseren Impulstext. 

Woran denken wir, wenn wir von einem „Lebensmoment“ sprechen? In einem ersten Orientierungsversuch ließe sich darunter vielleicht ein Moment besonderer – also außer-gewöhnlicher – Lebendigkeit verstehen. Ein Moment, in dem sich das Leben gewissermaßen verdichtet und intensiviert. Ein Moment geschärfter Aufmerksamkeit – auf den uns umgebenden, situierenden Raum, auf die Gegenstände, die ihn bevölkern, auf die anderen, die ihn mit uns bewohnen, auf die ihn tragende Stimmung und Stimmigkeit. Wir stellen uns unter einem „Lebensmoment“ einen Augenblick vor, der uns aus dem Alltag heraushebt. Ein kurzes Zeitfenster d.h. ein Sich-Öffnen der Zeit, in dem die automatisierten, zumeist „reibungslos“ ablaufenden Alltagsprozesse unterbrochen werden und kurzfristig zur Ruhe kommen. Dies erlaubt uns eine veränderte Wahrnehmung der uns umgebenden, bekannten oder unbekannten Umwelt; es wird (wieder) ein besonderer Kontakt, eine Berührung („Reibung“) mit dem Raum, einem Ort, einer Umgebung möglich. Things fall into place. Das bedeutet das Sich-Einstellen einer Klarheit, einer Lichtung, eines Freiraums – ein Einladend- und Zugänglich-Werden des Raumes und, damit verbunden, die Erschließung neuer Weisen des Sehens, des Begreifens, Hörens, Riechens… d.h. ein Sich-Öffnen von (Möglichkeits)Raum in zweifachem Sinne. 

Was zumeist nur unthematisch als Hintergrund und Bedingung unseres alltäglichen Lebens und Erlebens gegeben ist, wird uns mit neuer Intensität bewusst. Somit steht der Lebensmoment immer in Verbindung mit einer „Verortung“ und entspricht einem Herausfallen aus dem gewöhnlichen Wahrnehmungsmodus. Unsere Zerstreuung weicht einer Konzentration, in der wir „ganz bei uns“ und zugleich ganz hingegeben sind an eine Welt, die sich uns in einem vollkommen veränderten Licht darstellt. Möglicherweise lässt sich diese einzigartige Beziehung zum Raum auch als eine „Heimkehr“ beschreiben. Denken wir etwa an das widersprüchliche Erlebnis einer Heimkehr nach einer Reise: Ein noch dunkler, uns bekannter und zugleich irgendwie fremd gewordener Raum, der sich erst langsam wieder mit Licht und Wärme füllt. Wir betrachten die uns alltäglichen Gegenstände, ihre Positionen im Raum, ihre Beziehungen zueinander und die uns vertraute Umgebung mit geschärfter Achtsamkeit. Diesem Zurückkommen wohnt die Ahnung eines Unbekannten inne, das unsere Neugierde weckt. Heimkehr von – und zugleich Beginn einer Reise. Der Lebensmoment zeichnet sich durch genau diese Doppeldeutigkeit aus: er bedeutet einen Rückzug, eine Rückkehr – und birgt zugleich immer das Potenzial der Dynamik eines Aufbruchs, die verlockende Möglichkeit des Unbekannten. Der Lebensmoment ist daher auch ein Reflexionsmoment – eine Pause vom Denken, das in den alt-eingeschliffenen Bahnen kreist und somit eine Pause zum Nachdenken.

Im Erleben dieses Momentes geht uns jegliches Zeitgefühl verloren. Der Lebensmoment durchkreuzt den linearen Ablauf der Zeit und etabliert einen zeitlichen Zwischenraum, in dem sich die Möglichkeiten verdichten. Suspendierung der Zeit. Ihre Rückkehr überrascht und verwirrt uns. Der Lebensmoment findet seinen Ausklang in eben diesem langsamen, verwirrenden Wieder-Erwachen in das Dahinfließen und Verfließen der Zeit. Vielleicht hängen wir dem Moment noch eine Weile nach, wie einem Traum, an den wir uns zu erinnern versuchen und der uns an einen faszinierenden, all unsere Sinne fesselnden Ort versetzt zu haben scheint. Erst in der Wiederherstellung der zeitlichen Ordnung d.h. nachträglich ist es uns möglich, den Lebensmoment als solchen auszumachen und zu benennen. Nach unserer Wieder-Eingliederung in das lineare Fortschreiten der Zeit bleibt der Lebensmoment ein Rückzugsort, Reservoir und Quelle unserer Wünsche und Träume und gibt uns die Kraft, diese zu realisieren und inmitten des Stroms der Zeit nicht aus den Augen zu verlieren.

In ihm erfährt das Leben eine nachhaltige Sättigung an Freude und Ausgelassenheit und wird wieder zu einem Genießen, das unsere Sehnsucht weckt und befeuert, wenn uns der Alltag wieder vollkommen einzunehmen droht. Der Lebensmoment stellt somit immer eine positive Bereicherung des Lebens dar und kann zu einem wichtigen Orientierungspunkt für uns werden. Er ist ein widerständiger, uneinnehmbarer und unvertilgbarer Rest, der immer die Möglichkeit einer erneuten Durchbrechung der Zeit verspricht. Keim jedes Widerstandes, jeder Neuorientierung, Rückkehr und Umkehr.

Der Lebensmoment unterscheidet sich in gewisser Weise von dem, was wir umgangssprachlich als ein „Ereignis“ bezeichnen: denn das Ereignis (selbst wenn es ein glückliches ist) hinterlässt stets einen Riss, einen Einschnitt im Leben. Der Lebensmoment hingegen schreibt sich nicht in Form einer solchen (oftmals verletzenden, aufreibenden) Zäsur in unser Gedächtnis ein, sondern bleibt uns in Erinnerung als eine besondere Stimmung – wie ein Duft, der uns hineinversetzt hat in einen bestimmten Modus der Wahrnehmung und ein bestimmtes Zeitempfinden. Was den Lebensmoment jedoch mit dem Ereignis verbindet, ist seine Unvorhersehbarkeit: ein Lebensmoment ist nicht planbar. Lässt sich ein Lebensmoment dann jedoch überhaupt wünschen, etwa einer geliebten Person? Oder ist dieser Wunsch als anmaßender Vorgriff, als Versuch einer Vorwegnahme dem Statthaben des Lebensmomentes nicht vielmehr hinderlich? Diese Schwierigkeit scheint sich aufzulösen, wenn wir dieses Wünschen als eine gewisse Bereitschaft – eine Offenheit für das Sich-Öffnen des Raumes verstehen. Damit ein Lebensmoment statthaben kann, müssen wir uns Zeit nehmen können für diesen Moment der Hingabe jenseits der Zeit und uns, unsere Augen und Ohren, unsere Sinne offen halten für das Kommen eines solchen Moments. Es ist also notwendig, einen Raum zu gestalten und einzurichten, in dem sich ein Lebensmoment ereignen kann – in dem ein Zur-Ruhe-Kommen des Alltags, Stille möglich wird. Diese Vorbereitung des Raumes hat nicht mit einer vorauseilenden „Vorwegnahme“ des unplanbaren Moments zu tun, sondern vielmehr mit einer Gastlichkeit. Jemandem einen Lebensmoment zu wünschen, muss verstanden werden als eine bestimmte Erwartung, eine Gastbereitschaft.

Im Lebensmoment eröffnet sich uns also immer ein Raum. Ein veränderter Wahrnehmungsraum – ein zeitlicher Zwischenraum – ein Denkraum und -horizont. Er birgt die Möglichkeit, neue, unerwartete Perspektiven zu entdecken, in denen das Alltägliche den Charme des Fremden annimmt, neue Aspekte an Bedeutung gewinnen und unser Denken einen Richtungswechsel vollzieht. Indem uns der Lebensmoment der Zeit enthebt, macht er uns aufmerksam für das nur scheinbar Bekannte – uns selbst, die Welt, die uns umgibt und die Menschen, mit denen wir in Verbinddung stehen. Ein einzigartiger Moment, der uns jenseits der Zeit versetzt, uns einen neuen Raum erschließt, unsere Wahrnehmung nachhaltig schärft – ein Moment, in dem wir uns von etwas gefangen nehmen, absorbieren lassen und der uns zugleich frei gibt für eine Sehnsucht nach Neuem. Der Lebensmoment birgt immer beides – Ruhe und Aufbruch. Er ist zugleich geprägt von Stille und überschäumender Lebendigkeit.

Der Lebensmoment ist Fluchtpunkt unserer träumerischen, kühnsten Hoffnungen – ein Störsignal im positiven Sinne, das unser Leben immer wieder davor bewahrt, in maschinelle Monotonie und Gleichgültigkeit zu verfallen, bloßes Treibgut und Beute des linear dahinfließenden Zeitstroms zu werden. Gerade heute, wo von uns ein ständiges Mitgehen- und Mithalten-mit-der-Zeit gefordert und uns der Zustand ununterbrochener Produktivität immer wieder als alternativlos präsentiert wird, gewinnen Lebensmomente als Rückzugsorte, als Momente der Stille, als widerständiger Rest gegen die Berechenbarkeit des Lebens wieder an Bedeutung und Wert. Umso wichtiger erscheint es, uns bewusst zu machen, dass das Sich-Ereignen des Lebensmomentes nur unter bestimmten Bedingungen möglich wird. Voraussetzung für ein Sich-Öffnen des Raumes sind die Schaffung und Gestaltung eines offenen (Zeit)Raumes – und eine bedingungslose Gastfreundschaft.

Wien 2014, Eva-Maria Aigner